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Elterngeld und Hartz IV

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Zum 1.1.2011 trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die für Bezieher von SGB II- Leistungen eine erhebliche Schlechterstellung bedeutet: Das Elterngeld, welches bis dahin bis zur Höhe von 300 € nicht auf die Leistungen angerechnet wurde, wird nun voll als Einkommen berücksichtigt. Freibeträge ergeben sich zwar noch für diejenigen Hartz-IV-Empfänger, die in dem Jahr vor der Geburt des Kindes Erwerbseinkommen hatten, denen das Elterngeld also als Lohnersatzleistung gezahlt wird. Für diese bleibt es bei der Grenze von 300 €, diese stellt jedoch nur noch einen Höchst- und keinen Mindestbetrag dar, so dass für viele Geringverdiener der Freibetrag äußerst mager ausfällt. Wer vor der Geburt nicht erwerbstätig war und Hartz-IV bezieht, erhält nun überhaupt kein Elterngeld mehr. Dies gilt übrigens ebenso für Eltern, die Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII beziehen.

Diese Gesetzesänderung benachteiligt diesen Personenkreis zum einen gegenüber den Beziehern anderer, ebenfalls einkommensabhängiger Sozialleistungen, wie etwa Leistungen nach dem BaföG oder Wohngeldgesetz. Bei diesen bleibt es nämlich dabei, dass das Elterngeld bis zu 300 € nicht als anzurechnendes Einkommen berücksichtigt wird. Zudem wird noch unter den SGB-II-Empfängern unterschieden: Wer das Elterngeld als Lohnersatzleistung erhält, bekommt es bis zur genannten Höhe, wer vorher nicht erwerbstätig war, erhält gar keines. Nun war das Elterngeld ja auch so konzipiert, dass es den Ausfall des Einkommens teilweise kompensieren sollte, um auch denjenigen, die vorher gut verdient haben, das Kinderkriegen schmackhaft zu machen. Dies galt jedoch immer nur für Einkommen, aus welchem sich ein Elterngeld errechnete, welches eben den Mindestbetrag von 300 € überstieg. Wer vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig war sondern sich etwa als Hausfrau der Familienarbeit widmete, bekommt den Mindestbetrag von 300 € noch immer, auch hier handelt es sich um keine Lohnersatzleistung.

Mit vielen anderen Sozialrechtlern bin ich der Auffassung, dass hier ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Eine Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte kann zwar durchaus verfassungsgemäß sein, dann nämlich, wenn ein sachlicher Grund vorliegt, Vergleichsgruppen unterschiedlich zu behandeln, weil zwischen Ihnen erhebliche Unterschiede bestehen. Nur: Dies ist m.E. hier eben nicht der Fall.

Das SG Detmold hat dies nun in einer Entscheidung vom Januar anders gesehen, allerdings mit einer ausgesprochen schwachen Begründung. Der Gleichheitsgrundsatz sei nicht verletzt, da alle elterngeldberechtigten Personen gleich behandelt würden: Wenn sie SGB II-Leistungen beziehen, bekommen Sie kein Mindestelterngeld. So kann man die Prüfung des Vorliegens einer Ungleichbehandlung natürlich ad adsurdum führen. Hätte man als Vergleichsgruppen wie oben etwa Bezieher anderer Sozialleistungen oder vorher nicht erwerbstätige Hausfrauen herangezogen, so wäre die Rechtfertigung der dann vorliegenden Ungleichbehandlung m.E. rechtlich nur schwer möglich.

Mit der Frage wird sich über kurz oder lang das Bundesverfassungsgericht beschäftigen müssen. Sollte dieses zu der Auffassung kommen, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt, profitieren davon jedoch nur diejenigen, deren Bewilligungsbescheide nicht rechtskräftig geworden sind. Betroffene sollten also gegen sämtliche Bewilligungs- oder auch Erstattungsbescheide bei denen das Elterngeld angerechnet wird, fristgerecht Widerspruch einlegen und ggf. später auch klagen.


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